Durch die Brennnessel lerne ich geduldig, aufmerksam und langsam vorzugehen. Nun habe ich wirklich feine und weiche Fasern aus der Pflanze gewonnen. Die Aufbereitung zu Beginn und das genaue Beobachten der Pflanze sind ausschlaggebend. Die Pflanzen sind je nach Standort sehr unterschiedlich beschaffen. Literatur oder Erfahrungen anderer helfen nur bedingt, weil man wirklich selbst schauen und ausprobieren muss. Deshalb gibt es sicher auch unterschiedliche Verfahren, die man im Internet so findet. Ich komme zu den besten Ergebnissen, wenn ich Brennnesseln an feuchten Standorten, die kaum noch Blätter tragen, nicht mehr so grüne Stängel haben und wenigstens über einen Meter groß sind verwende. Die Fasern ziehe ich möglichst zusammenhängend ab, trockne diese und dann ist es wichtig durch Auseinanderzupfen, Knicken, Schaben und Verdrehen die restlichen Holz und Chlorophyllreste herauszubekommen. Dann erhält man seidige Fasern, die teilweise sehr lang sind und gut zu verspinnen sind. Die ganz kurzen Fasern sammele ich, um später einmal Papier daraus zu machen.
Letzte Woche war ich im Zug unterwegs und strickte wieder an einer Brennnesselmütze. Eine Frau sprach mich interessiert an und ich erzählte, dass ich Brennnesselgarn verstricke. "Das ist ja wie im Märchen der sechs Schwäne!", freute sie sich. Tja, so komme ich mir auch langsam vor. Vielleicht habe ich in sechs Jahren auch so viel Garn zusammen, dass ich alle "verhexten" um mich rum wenigstens mit einer Mütze wieder in die Welt holen kann :-)