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Brennnesselfaserseminar in Sindelfingen

Vom 8. bis 9. Februar fand mein Winter-Brennnesselfaserkurs in Sindelfingen statt. Immer wieder gibt es ungläubiges Erstaunen, ob denn dann noch genügend Brennnesselstängel zu finden sind. Meine beste Erntezeit ist jedoch im Januar und Februar und auch in Sindelfingen fand ich gleich optimale und viele Stängel. Unsere Werkstatt war in der Altstadt von Sindelfingen, im Storchenhaus, einem Handwerkerhaus mit Geschichte. Um 10 Uhr morgens ging es los, In der Vorstellungsrunde was es mal wieder spannend, mit welcher Motivation die Teilnehmer*innen da waren, um die Faserherstellung und die Brennnessel kennenzulernen. Diesmal Kräuterpädagogen- und Kräuterkundige, Künstlerin, IT- und Kommunikationsfachfrau und Woll-Spinnerinnen. 

 

Bei wunderschönem, sonnigem, etwas frostigem Wetter sind wir zum Sindelfinger Park mit See und Bachlauf gegangen und haben dort geerntet. Interessant war, dass die vertrockneten Mädesüßstängel, die es dort auch massenhaft gab, der Brennnessel sehr ähnlich waren. Selbst ich hatte dann einige Mädesüßstängel in meinem Bündel, da ich wohl nicht genau geschaut hatte. Ein paar eindeutig unterschiedliche Merkmale konnten wir aber ausmachen und vor allen Dingen, haben diese keine verwertbaren Fasern, sodass wir das Mädesüß heraussortiert haben. Zuerst hatten wir aus einem Stängel eine Kordel gedreht, um damit unser Bündel zu schnüren. Etwas hexenmäßig sind wir damit am Kloster und Kirche vorbei zurück zur Werkstatt gegangen. Dort haben wir gemeinsam unseren Brennnessel-Kürbis-Eintopf zubereitet und uns gestärkt. Unter den trockenen Stängeln wuchsen schon die ersten leckeren Brennnesseltriebe. Die Fasern konnten wir daraufhin draußen vor der Werkstatt in der Sonne abziehen. Mit der Zeit ging das immer besser und die Teilnehmerinnen bekamen ein gutes Gefühl dafür, worauf es ankommt. Vorbeikommende Passanten wunderten sich, was wir da machen. Ein Stadtrat kam vorbei und war erfreut darüber, wie dadurch dieser alte Stadtkern etwas belebt wurde. In der schönen Sindelfinger Altstadt gibt es leider kaum noch Läden und selbst am Samstag war dort wenig los. Zur Brennnesseltee- und Kaffeepause ging es dann in die Werkstatt, wo ich die Technik des Nadelbindens anhand eines einfachen Stiches erklärt habe. Das hat jeder gut hinbekommen und war sehr angetan über diese sehr ursprüngliche Art Textilien herzustellen. 

 

Die beiden Überachtungsgäste blieben mit mir dann abends noch in der Werkstatt, wo wir uns bei Brennnesselbier und Schlehenlikör über Weltliches und Andersweltliches lange unterhalten haben und vor allem auch viel Spaß hatten. Beim nächtlichen Spaziergang bei (fast) Vollmond haben wir auch die berühmten Zebrastreifen aus Marmor entdeckt, die die Autostadt allerdings finanziell wohl etwas überfordert hat. Wir waren uns aber einig, dass das Geld in Städten teilweise noch viel sinnloser ausgegeben wird. Ich habe dann zur Nacht meine Matte zum Schlafen in der Werkstatt ausgerollt und fühlte mich dort sehr wohl. 

 

Der Sonntag begann mit einem gemeinsamen Frühstück mit Hirsebrei und (Brennnessel-)brot. Es gab auch einen Geburtstagskuchen von einer Teilnehmerin, die sich das Seminar geschenkt hatte.  Unser Geburtstagsständchen kam dann so richtig von Herzen, zumal wir uns nun schon etwas kennen gelernt hatten. Ich musste allerdings öfter aufpassen, dass ich die Teilnehmer*innen von den schönen Gesprächen immer wieder zum Fasern herstellen hinleitete. Als nächstes stand das weitere Abziehen und Aufbereiten der Fasern an, denn zum Spinnen brauchen wir da einige. Wir verbrachten den Vormittag dann mit abziehen, abrubbeln und abkratzen, bis die Fasern weich und fein wurden, damit wir sie später verspinnen können. Das konnten wir im schönen Innenhof in der Sonne machen.

 

Wärenddessen haben wir noch die kurzen Fasern weiter zerkleinert, um daraus ein paar kleine Bögen Brennnesselpapier zu schöpfen. Das Erstaunen war groß, wie einfach dieses geht, auch ganz ohne Bindemittel. Zu Mittag gab es eine leckeres Polenta-Tomaten-Brennnesselspeise und Salat mit Brennnesselsamensalz. Nun wurde noch ein bisschen weiter an den Fasern gekratzt und die Büschel wurden dabei dünner, und die Faser immer wertvoller für uns. Kein Faden sollte verloren gehen, jeder kannte nun den Wert, die Energie, die darin steckt. Das Spinnen stellte dann die meisten erst mal vor eine Herausforderung und auch ich muss schauen, dass ich meine innere Ruhe behalte, um es gut zeigen zu können. Pflanzenfasern sind schwieriger zu verspinnen als Schafwolle, da sie glatter sind. Wer keine Spindel hatte, konnte auch eine einfache Spindel herstellen. Stefanie hatte dazu Hölzer vorbereitet. Geduld und Vertrauen, dass es mit etwas Übung und Feingefühl dann irgendwann immer besser klappt, stiegen mit der Zeit. Jeder hat es dann zum Schluss auch geschafft, die ersten Fäden mit den langen Fasern herzustellen. Die kurzen Fasern wurden noch mit der Karde bearbeitet und der so genannte, dickere Wergfaden gesponnen. Während dieser Tätigkeiten konnte wieder viel erzählt werden, von der faulen Spinnerin und wie früher, Frauen im dunklen Mittelalter auch zum extensiven Spinnen gezwungen wurden, gab es Interessantes. So war es verständlicherweise nicht bei allen Frauen beliebt und die „faule Spinnerin“ war eigentlich sehr gewitzt. Sie hat sich mit einer List diesem Zwang entzogen. Die Gebrüder Grimm hatten sie als garstig bezeichnet, doch die Ursprungsgeschichte sah das wahrscheinlich eher aus der Sicht der Frauen, denn die Erzählungen stammten meist von Geschichtenerzählerinnen, die oft diese überlieferten Texte jedesmal Wort für Wort gleich erzählten. Wir erfuhren auch, dass das Bier brauen zuerst Sache der Frauen war, die mit Kräuterzusätzen die Stimmung in Familie und Klan beeinflussen konnten. Es diente auch hauptsächlich dazu, dass in den Städten meist kontaminierte Wasser aufzubereiten. Das Bier enthielt wenig Alkohol und wie mein Brennnesselbier, erinnerte es sicher mehr an eine Art Brottrunk oder Kombutscha-Getränk als an ein berauschendes alkoholisches Getränk. Dass die Frauen, so ein Wissen hatten, war offenbar einigen Männern suspekt. Insbesondere der Kirche gefiel das gar nicht. So entstand dann das „deutsche Reinheitsgebot“ und das Bier sollte erst nur in den Klöstern von Mönchen und auch Nonnen gebraut werden und später waren es die Zünfte, die allein mit diesem beliebten Getränk handeln wollten.

 

Schön finde ich immer zum Abschluss, wenn wir die Werke zusammenlegen und fotografieren. Dann wird bewusst, was alles in den zwei Tagen gelernt und vollbracht wurde. Glücklich ist dann jeder nach Hause gefahren. Ich habe bei Stefanie noch eine Miet-Stufe in ihrem Wollladen für meine Brennnesseltextilien belegt, wo man meinen Kalender, das Buch und ein paar Brennnesselprodukte erwerben kann. Auf dem Handwerkermarkt in Sindelfingen am 23. und 24. Mai 2020 werde ich mit Stefanie zumindest an einem Tag dabei sein und hoffe auf viele weitere Interessierte, denen ich diese wunderbare Pflanze ans Herz legen kann. Mir selbst habe ich dann auch noch ein Geschenk gemacht. Nun bin ich gefordert noch viele Brennnesselfasern aufzubereiten, um am Spinnrad Erfahrungen mit der Faser zu sammeln. 

 

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