Letzte Woche durfte ich zum Pflanzenzuchtbetrieb ESKUSA in Parkstetten. Der Gründer und Betriebsleiter Dr. Fred Eickmeyer verfolgt verschiedene Pflanzenzuchtprojekte mit Arnika, Lupinen, Brennnessel, Löwenzahn und noch anderen Pflanzen. In enger Kooperation mit Dr. Dirk Prüfer von der Uni Münster ist die Züchtung des Löwenzahn mittlerweile so weit, dass der Kautschukanteil in der Pflanze, der Anbau und die Ernte sich lohnen. Herr Eickmeyers Forschungen auf dem Feld sind ein wichtiges Bindeglied von der Forschung im Labor zur praktischen Arbeit in der Landwirtschaft. Mit einigen Landwirten der Gegend werden nun seit 2011 Felder mit kautschukhaltigem Löwenzahn angebaut und die Verfahren immer weiter verbessert.
Glücklicherweise konnte mich auch der Fotograf und Musiker Sascha Schuppert-Raetzer (Zam Helga) begleiten, sodass ich mich ganz darauf konzentrieren konnte, was wir gezeigt und erklärt bekommen haben. Danke für die Vorab-Bilder vom Handy, die ich hier veröffentlichen darf.
Es war ein spannender Nachmittag. Zunächst haben wir einen kleinen Überblick von Fred Eickmeyers Arbeit bekommen. Dann ging es in die Samenlagerkammer, wo wir einige der kautschukhaltigen Wurzeln fotografieren durften und die mit Aktivkohle ummantelten Samen, damit diese besser auf dem Feld keimen können. Anschließend ging es in die Scheune zur Samenabsaugmaschine Marke Eigenbau. Mit diesem Gefährt werden die Pusteblumen abgesaugt, die Flügelchen in einem Zyklonwirbel abgetrennt und der Samen aufgefangen. Kistenweise Samen werden dann für den Anbau auf dem Feld getrocknet. Im Gewächshaus konnten wir dann verschiedene Züchtungen anschauen. Die Etikettierung ist sehr wichtig. Geht ein Etikett verloren, kann das dazu führen, dass eine wichtige Zuchtpflanze nicht mehr zu finden ist.
Die Züchtungen werden gekreuzt, indem die unterschiedlichen Blüten aneinander gerieben werden. Puscheln nennen es die Mitarbeiter bei ESKUSA. Das wird einzeln per Hand gemacht. Schwierig war es, laut Eickmeyer, den kautschukreichen russischen Löwenzahn mit dem wurzelstarken einheimischen Löwenzahn zu kreuzen. Der russische Löwenzahn hat zwei Chromosomensätze und ist ein Fremdbefruchter, braucht also andere Pflanzen, um sich zu vermehren. Unser Wiesenlöwenzahn ist eine Pflanze mit drei Chromosomensätzen und benötigt keine andere Pflanze, um sich weiter zu vermehren. Dennoch hat es das Team mit Fred Eickmeyer nach einigen Versuchen geschafft, ein paar Samen aus vielen hundert Kreuzungen dieser beiden Pflanzenarten zu gewinnen. Der Start einer neuen wurzelstarken und kautschukreichen Löwenzahnpflanzenkultur. Die Forschung ist aber längst nicht zu Ende, zumal es unendlich viele Löwenzahnarten zu geben scheint, die sicher noch weitere Möglichkeiten bieten. Fred Eickmeyer lässt sich Löwenzahnsamen von verschiedenen Gegenden mitbringen.
Die Wurzeln werden im Sommer geerntet. Auch dafür wurde eine Maschine entwickelt. Die erste Löwenzahnwurzelerntemaschine der Welt. Dabei wird mittlerweile in vielen Ländern mit Löwenzahn geforscht. In den USA wird ein hoher Betrag aus dem Topf des Militärhaushaltes für die Forschung bereit gestellt, erzählte mir Herr Eickmeyer. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile einiges an staatlicher Unterstützung, da dieser Rohstoff für viele Produkte und besonders für Reifen super wichtig ist und synthetisch in der notwendigen Qualität bisher nicht hergestellt werden kann.
Jetzt im späteren Herbst sieht man auf dem Feld die Jungpflanzen, die nächstes Jahr im Sommer oder Herbst geernet werden. Auch hier sind viele Arten zu Forschungsszwecken nebeneinander ausgesäht. Um den Löwenzahn herum muss gehackt werden, da herkömmliche Herbizide die Pflanze nicht vor zu viel nicht gewolltem Beikraut schützen können.
Es war sehr spannend, ich musste mich sehr konzentrieren, um die sicher für mich schon vereinfachten Erklärungen der Pflanzenbiologie zu verstehen. Zum Glück hatte ich mich schon vorher ein bisschen zum Thema der Pflanzenzucht informiert. Ebenso wie zuvor bei meinem Besuch an der Uni Münster bei Dirk Prüfer konnte ich auch bei Fred Eickmeyer spüren, mit welcher Leidenschaft und Zuneigung zu dieser Pflanze geforscht und gearbeitet wird. Die Teamarbeit wurde bei beiden als besonders freundschaftlich und bereichernd erwähnt. Es ist so schön, Menschen zu treffen, die Sinn in ihrer Arbeit sehen, kreativ und innovativ Neues entwickeln, dass das Leben erleichtert und Alternativen zu Produkten liefert, deren Herstellung für Mensch und Natur bisher oft viel Leid verursacht hat.
Nach dem Besuch bei ESKUSA sind wir noch auf den naheliegenden Bogenberg gefahren. Dort gibt es eine wunderschöne Aussicht auf die Donau und das Tal. Der Nebel hat alles etwas mystisch aussehen lassen. Die Wallfahrtkapelle dort oben hatte besonders spannende Figuren von Heiligen zum anschauen und als Andenken zum mitnehmen. Das war noch ein schöner Abschluss bevor es dann zurück ging.
In meinem Buch, Das Löwenzahnbuch, dass Anfang 2026 erscheinen wird, werde ich ausführlicher dazu schreiben.
Es gibt übrigens einen sehr anschaulichen Beitrag in der Sendung mit der Maus vom wdr, wo insbesondere ESKUSA und die Uni Münster mit ihrer Löwenzahnkautschukforschung zu sehen sind.
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